Am Sonntag, 18.November 2007 war der litauische Schriftsteller
Tomas Venclova
zu Gast im Haus der Wissenschaft in Bremen.
Tomas Venclova
stellte seine beiden Bücher "Vilnius - eine Stadt in Europa" und "Gespräch im Winter" vor. Ausschnitte aus beiden Büchern las der Hamburger Schauspieler Jürgen Gebert.
Moderation:
Prof. Dr. Wolfgang Stephan Kissel (Universität Bremen)
Veranstalter:
Verein "Informationszentrum Baltische Staaten" e.V. (INFOBALT)
Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen
Literaturkontor Bremen
Goetheinstitut Bremen
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Einige Eindrücke vom Aufenthalt Tomas Venclovas in Bremen finden Sie auf dieser Seite.

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Europa verbindet "Europas Geschichte beginnt mit den Meeren", sagt Tomas Venclova. Im gerade frisch erschienenen Buch "Gespräch im Winter" (Suhrkamp 10/2007) haben Durs Grünbein und Claudia Sinnig sich die Mühe gemacht, eine Sammlung von Venclova's Lyrik der vergangenen Jahrzehnte nicht nur ins Deutsche zu übertragen, sondern auch mit Kommentaren zur Entstehungsgeschichte zu versehen. Da passt es ausgezeichnet, dass Venclova im November 2007 sich persönlich im deutschsprachigen Raum auf Lesereise begab. So waren spannende Dialoge und Gespräche über die Kulturen und verschiedenen geschichtlichen Perspektiven hinweg möglich. Die Veranstaltung im Haus der Wissenschaft in Bremen am 18.November 2007 war die erste Station dieser Annäherung an Osteuropa und an Litauen.

Ein litauischer Biermann, oder der Odysseus vom Mare Baltikum? Ausgebürgert, dem Leben im Exil überlassen, war Tomas Venclova bis 1990/91, als sein Heimatland Litauen die Unabhängigkeit wiedererlangte. "Der Odysseus vom Mare Baltikum" - so schrieb Thomas Kling einmal in "Die Zeit".  Venclova lehrt heute russische und osteuropäische Literatur an der Yale Universität. Aber er meldet sich auch zu Wort zu den neueren Entwicklungen in Litauen und Osteuropa: in Vilnius diskutierte 2001 er im Vorfeld des Litauen-Schwerpunkts der Frankfurter Buchmesse mit Günter Grass, Czeslaw Milosz, und Wislawa Szymborska.Kurze Zeit brachte er einen Stadtführer Vilnius heraus, der einige ungewöhnliche Einblicke in die gewundenen Pfade der Kultur- und Stadtgeschichte seiner Heimat ermöglicht. 2009 wird Vilnius europäische Kulturhauptstadt sein, und da insgesamt nicht so viele Bücher litauischer Autoren in deutscher Sprache erschienen sind, wird man sich gern auch auf Venclova's Stimme berufen. "Vilnius, eine Stadt in Europa" erschien erst vor wenigen Monaten, ein Band der fast programmatisch erscheint in Zeiten, in denen viele froh sind, neben Ermutigungen und Durchhalteparolen auch einmal Gedanken über Ängste, Befürchtungen und zwiespältige Erfahrungen zu gemeinsamen Perspektiven in Europa austauschen zu können.
Reisender zwischen Ost und West. Tomas Venclova ist denjenigen, die sich mit dem Geschehen in Osteuropa der vergangenen 30 Jahre beschäftigen, schon lange kein Unbekannter mehr. Venclova, 1937 in Klaipeda / Litauen geboren, gilt als einer der renommiertesten modernen osteuropäischen Lyriker. Sein Vater, der Schriftsteller Antanas Venclova, war seit der sowjetischen Okkupation 1940 ein hochrangiger Funktionär für Literatur unter den Sowjets. Tomas Venclova studierte zunächst an den Universitäten Vilnius, Moskau und Leningrad, bevor er mit Literatur-Dissidentenkreisen zusammenkam. Aus dieser Zeit stammen seine Freundschaften mit Joseph Brodsky, Alexander Ginzburg und Anna Achmatowa. 1977 erhielt Tomas Venclova eine Ausreiseerlaubnis zu einer Gastdozentur in Berkeley/USA, während des Aufenthalts dort wurde ihm die sowjetische Staatsbürgerschaft aberkannt.
auf dem deutschen Buchmarkt erschien zuletzt von Tomas Venclova:
"Vor der Tür das Ende der Welt. Gedichte" (Rospo, Hamburg 2000 / Hanser Verlag 2002) "Ich meine, dass... – Gespräche mit Tomas Venclova." (Verlag Baltos Lankos, Vilnius, 2000)"Gespräche zur Zukunft der Erinnerung" (Dokumentation einer Veranstaltung des Goethe Institut Vilnius, mit Günter Grass, Czeslaw Milosz, Wislawa Szymborska. Steidl Verlag, Göttingen 2001)"Stadtführer Vilnius" (R.Paknio Verlag, Vilnius 2002); "Vilnius, eine Stadt in Europa" (Edition Suhrkamp 2006). "Gespräch im Winter" (Suhrkamp Verlag 2007)
"Venclova’s Lied setzt an dem Punkt ein, wo die Stimme normalerweise bricht, am Ende des Ausatmens, wenn alle inneren Kräfte bereits verbraucht sind."
Joseph Brodsky

"Man wird lange suchen müssen in den Weiten Osteuropas, um eine auch nur annähernd so abgeklärte Stimme zu finden, eine Stimme von so lakonischer Schwere, so unerschütterlicher Gefaßtheit." Durs Grünbein