Reisebücher, Reiseliteratur, Ratgeber -
Estland, Lettland, Litauen

zurück

zurück zur INFOBALT-Hauptseite
12,2 cm breit
19,0 cm hoch
Vergleichen, was vergleichbar ist:

Zum Direktvergleich der drei "Baltikum"-Bücher

BUCHFORMAT
Claudia Mahrenbach: Baltische Länder. Michael Müller Verlag, Erlangen 2005. 4. überarbeitete Auflage. ISBN 3-89953-213-9. 672 Seiten mit 174 s/w und 32 Farbfotos, 41 Übersichtskarten und Plänen. Verkaufspreis: 22,90 Euro. (Abbildung rechts: Layoutbeispiel)
Zur ONLINE-Bestellmöglichkeit dieses Buches (direkt ab Verlag)
1. Größte Stärken
Sehr vielfältige Unterkunftshinweise und Freizeittipps, verteilt über viele Orte in allen drei baltischen Staaten, auch Tipps zu Bus und Bahn & Sehenswürdigkeiten. O O O
2. Größte Schwächen
Wie bei fast allen „Baltikum“-Büchern werden die drei sehr verschiedenen Staaten teilweise beliebig durcheinandergeworfen. Schlechte Bebilderung, unattraktive Fotos. ? ?
3. Einleitung, Übersicht
Gute Empfehlungen für touristische Zielgruppen O O O
4. Anreiseinfos
Sehr ausführlich, detailliert und zumeist aktuell. Viele Tipps, die kaum woanders zu finden sind. O O O

Ein Extralob wegen zusätzlichen Sonderhinweisen in diesem Bereich (z.B. Anreise im eigenen Boot, Inlandsflüge, Kanuwanderer) O

5. Unterwegs
Sehr gute Hinweise für Autofahrer, gute Infos für Busreisende und ausreichende für Bahnreisende. Die Tipps für Fahrradreisende sind überwiegend richtig, aber vereinzelt auch veraltet. Leider werden die vielen erhältlichen Karten und Bücher für Radler in Estland nicht erwähnt. Gegenüber der Ausgabe von 2003 verbesserter Abschnitt. O O O ?
6. Übernachten – allgemeine Hinweise
Gute Übersicht, gegenüber der vorigen Ausgabe im Detail verbessert. Gute Hinweise auf Wellnessurlaub, Camping, und Agrartourismus. O O O
7. Essen & Trinken, allgemeine Hinweise
Hier gab es in der Ausgabe von 2003 viele Fragezeichen, da die Autorin offensichtlich einige lokale Erlebnisse als allgemeingültig für alle drei Staaten schilderte. Der Abschitt ist etwas verbessert, mit vielen zutreffenden Hinweisen, aber immer noch tellweise fragwürdig. Auch hier wird so getan, als ob „Piroggen“ nur russischen Ursprungs wären, und angeblich gibt es in „Kleinstädten“ als Salat immer noch nur ein Stück Gurke (allgemeingültig??). Gemäß dieser Autorin sind angeblich immer noch alle Kantinen staatlich, und schon am frühen Morgen wird (überall??) Alkohol getrunken. Peinlich kann der im Buch etwas zu groß herausgestellte „Tipp“ „Wodka ohne Worte“ werden, sollte Touristen sowas ausprobieren wollen.... (der noch peinlichere Tipp, in kleinen Dörfern würde der „Bierwagen“ den Bewohnern Bier in mitgebrachte Gurkengläser ausschenken, ist in der neuen Ausgabe glücklicherweise verschwunden.) O O ? ?
8. Praktische Tipps
Schwach nur die Hinweise auf „baltische“ Organisationen im Ausland – hier gibt es eine große (aber hier leider unerwähnte) Vielfalt. Gut dagegen fast alle anderen praktischen Tipps: Hinweise auf ärztliche Versorgung, Botschaften und Konsulate, Einkaufen und Öffnungszeiten der Geschäfte, Feiertage, Karten und Zeitungen, Haustiere, Internet. Herausragend gut die Tipps zu Fotografieren, Gastfreundschaft, Kleidung, Märchen; jeder Grenzübergang einzeln beschrieben. Zutreffende Hinweise zu Post, Preisniveau, Radio und Fernsehen, Reiten und Segeln. Sehr gute Tipps zur Sicherheit, Telefonieren, Zeckenschutz, Strände und Baden, Sprache und Verständigung. O O O
9. Geographie, Natur, Klima
Jeweils kurze, zutreffende Einführung zu Litauen, Estland, Lettland. O
10. Umwelt- und Naturschutz
Hier ist sich die Autorin offenbar fachlich unsicher, die Hinweise stammen offensichtlich aus Quellen, die sie nicht überprüfen konnte. Die Beschreibungen tendieren zwar dazu, die Umweltsorgen ernst zu nehmen, aber die Details sind teilweise überzeichnet und unausgewogen. So trinkt die Autorin im Baltikum Leitungswasser vorsichtshalber generell nur abgekocht (warum?), und hat großen Respekt vor dem AKW-Schrottreaktor Ignalina. Neuere Entwicklungen (Bau einer Kläranlage in Kaunas, oder Ölbohrung vor der Kurischen Nehrung z.B.) bleiben unberücksichtigt. Statt dessen wird das schon 1997 beendet EU-Projekt Umweltzentrum ECAT Riga als immer noch existent erklärt (und offensichtlich mit dem „Baltic Environmental Forum BEF verwechselt), und die Entwicklung der Windenergie wird merkwürdig positiv beschrieben. Mehrfach wird die „blaue Flagge“ als Kennzeichen für umweltfreundliche Strände korrekt erwähnt – was in Liepaja dennoch nicht davor schützt, dass Touristen wegen der vor der Küste im Meer liegenden Kampfstoffe trotzdem gewarnt werden müssten (was dieses Buch nicht tut – viele andere, inklusive der lettischen Infoquellen – aber auch nicht). Ohne Schwächen nur das Kapitel Umwelt in Estland. Die Autorin erwähnt aber manch kleinere regionale Sehenswürdigkeit für Naturinteressierte, wie etwa den Pape-See in Lettland, oder die vielen Detailbeschreibungen für die estnischen Inseln.
Teilweise ausführliche Darstellungen, aber fachlich unsicher, Infos teilweise veraltet. O O ? ?
11. Geschichte, Politik
Zu allen drei Staaten sehr ausführlich, mit einer einzigen Schwäche: Details zum Zeitraum 1926 bis 1939 fehlen im Abschnitt Litauen völlig. . Dafür sehr ausführliche Darstellung der Unabhängigkeitsbewegungen und auch zur neueren politischen Phase 1990 bis 2004. Auffallend schiefe Darstellung (Unkenntnis??) der Einbürgerungsregelungen in Lettland, laut Mahrenbach „fortgesetzte Missachtung russischer Minderheiten“ (ohne Belege). Merkwürdige Darstellung angeblicher SS-Aktivitäten in Lettland (was einen realen Hintergrund hat, aber oberflächlich und verzerrend dargestellt wird). Väöllig falsche Darstellung des lettischen Staatsaufbaus (nach Ansicht der Autorin gibt es neben Parlament und Präsidentin noch einen „Latvijas kongress“ – wo hat dei Autorin das her??). Auch die Legislaturperiode des lettischen Parlements ist falsch dargestellt. Abschitt zu Estland dagegen ausführlich und gut. O O ?
12. Wirtschaft
Gute, wenn auch knappe Übersicht, nachvollziehbare Einschätzung von „Gewinnern“ und „Verlierern“ der zurückliegenden Entwicklung der Unabhängigkeit. Für einen Reiseführer sehr gut. Einzige Schwäche: subjektiv begründete Vermutung, der angeblich „weniger lolerante“ Umgang mit russichen Minderheiten in Lettland gegenüber Esland führe auch zu wirtschaftlichen Nachteilen, und begründe den Vorsprung Estlands, so spekuliert die Autorin. O O ?
13. Bevölkerungsstruktur
Aus nicht nachvollziehbaren und auch nicht erwähnten Gründen schildert die Autorin Lettland in dieser Hinsicht immer wieder in negativem Licht. Während z.B. in Estland positiv erwähnt wird, dass im Parlament russischsprachige Abgeordnete sitzen, die die estnische Staatsbürgerschaft besitzen, ist bei Litauen der Autorin eine gleichartige Tatsache keiner Erwähnung wert, und bei Lettland wird Ähnliches nicht nur weggelassen, sondern der Sachverhalt auch noch negativ gewertet. O ?
14. Religion, Kirche
Hier strickt Mahrenbach erneut lettische Legenden. Die „Dievturiba“-Bewegung war keineswegs, wie behauptet, vor Eintreffen der Kreuzritter „lettische Volksreligion“, sondern entstand erst in neuerer Zeit (seit 1925) als Rückgriff auf alte Riten. Dagegen fehlt (ebenfalls im Kapitel Lettland) eine realistische Einordnung der Rolle und Funktion der Kirchen heute völlig. Zu Litauen ist der Abschnitt fehlerfrei, aber ebenfalls nur geschichtlich angelegt. Zu Estland werden sehr unklare Zahlen knapp aufgeführt. Angeblich 75% Lutheraner, aber nur 10% der Esten Kirchgänger – das ist alles. O ? ?
15. Sprache
Hier haben Autorin und Lektorat einen der krassesten fachlichen Fehler übersehen. Obwohl an anderen Stellen (z.B. Seite 291 oder Seite 332) korrekt beschrieben, behauptet die Autorin im Kapitel „Bildunssystem und Sprache“, wie auch im Kapitel „die Nordküste“ (Seite 327), Livisch sei ein Dialekt des Lettischen. Auf Seite 358 sind es plötzlich „livländische Dörfer“ mitten in Kurland (ohne weitere Erklärung), auf Seite 372 dann wieder „livländische Kultur“, auf Seite 388 „livländische Fischerdörfer“ (nichts davon ist korrekt!). Aber Seite 391: „livländische Kreuzritter“ (das könnte man gelten lassen).

Über die Liven informiert das Buch leider überhaupt nicht, und führt die Leser nur mehrfach in die Irre. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer: auf Seite 389 steht schließlich: „das Kulturhaus wurde 1938 mit Unterstützung von Linguisten aus Ungarn, Finnland und Estland eröffnet, deren Sprachen mit dem Lettischen verwandt sind.“ Knapp vorbei ist auch daneben! Die Liven sind heute eine anerkannte Minderheit in Lettland (– aber mit eigener Sprache!), und werden froh sein, vielleicht dieses Buch nie lesen zu müssen. Zu Estland und Litauen dagegen knappe, aber zutreffende Schilderung auch des Bildungssystems (zu Lettland dagegen ganze 6 kurze Sätze!). Auch mit der korrekten Wiedergabe lettischer Ortsnamen hat die Autorin offensichtlich Schwierigkeiten, auch wenn das ortsunkundigen Touristen kaum auffallen wird (Beispiele: Seite 353 Vesiena statt Vestiena, Seite 352 Salieta laukums statt Saieta laukums). ? ?

16. Sprachhilfe, Vokabelliste
Zu allen drei Sprachen vorhanden, Liste gängiger Phasen. O
17. Kultur, Kunst, Musik, Literatur, Theater
Zu Litauen ausführliche Darstellung von Musik, Bildender Kunst und Theater, allerdings nur geschichtlich, ohne aktuelle Bezüge. Im Kapitel Lettland sind zur Musik ansatzweise auch aktuelle Bezüge vorhanden, zur Bildenden Kunst erschöpft sich dieser Versuch in der fragwürdigen Feststellung: „Seit der wiedererlengten Unabhängigkeit scheint die Entwicklung der lettischen Malerei und Bildhauerei dort anzuknüpfen, wo sie 1939 unterbrochen wurde.“ So bleiben die interessanten künstlerischen Entwicklungen zum Beispiel der letzten Jahre Sowjetlettlands hier unterschlagen. Zur lettischen Literatur wird es schon im Abschnitt Geschichte fragwürdig, auch die für Deutschsprachige fast unverzichtbare Webseite www.literatur.lv wird nicht erwähnt (dort wäre exaktere Info zu finden gewesen!). Auch der Abschnitt zum lettischen Theater bleibt sehr allgemein, hier scheint die Autorin nur den lettischen Zirkus in Riga kennengelernt zu haben (der wird allerdings auf Seite 308 schön beschrieben). Das „Jaunais Theatris“ (Junges Theater) in Riga wird als „Jugendtheater“ angeführt (Seite 321). Opern in Lettland: Fehlanzeige. Schade.

Ähnlich sieht es bei Estland aus. Geboten wird eine rein geschichtliche Schilderung, nichts Aktuelles. Die Existenz eines litauischen und eines estnischen Kulturinstituts wird erst gar nicht erwähnt (lediglich Verweis auf Goethe-Institute – die aber pflegen die deutsche Kultur!). Daher keine Höchstwertung. O O

18. Karten
Zu Anfang jedes Länderkapitels gibt es eine kleine Karte, zur allgemeinen Orientierung ausreichend. Um gesonderte Karten zur besseren Orientierung kommt man nicht herum. Kleinere Übersichtsgrafiken wie z.B. zu Gauja-Nationalpark oder Trakai, auch zu den jeweiligen Altstadtbezirken der Hauptstädte im Buch vorhanden und gut brauchbar. O
19. Ortsbeschreibungen Hauptstädte
Die Infos zu den drei baltischen Hauptstädten sind ausführlich und größtenteils sachlich korrekt. Nervend lediglich, dass nicht ein einziges akutelles Foto die rasante Entwicklung gerade der größeren Städte illustriert! Beeindruckend sind die vielen detaillierten Beschreibungen von Unterkünften verschiedener Preisklassen, inklusive vieler Telefonnummern und Internetseiten. Auch viele Restaurants und Treffs zu Freizeitmöglichkeiten und Museen sind detailliert beschrieben. O O O

Ein Sonderlob: auf Unterschiede in der Benutzung von Bus und Bahn, ausgehend von den drei Hauptstädten, wird detailliert eingegangen! O 

20. Ortsbeschreibungen ländliche Regionen
Die Beschreibungen kleinerer Orte fallen gegenüber den Hauptorten stark ab, aber durchgehalten wird das Bemühen, auch hier wenigstens einige praktische Tipps wie Busverbindungen, Unterkünfte oder Veranstaltungstipps anzugeben. Auch in kleineren Orten werden Wanderwege und sehenswerte Ziele beschrieben. Die „Rangfolge“ ergibt sich in der Reihenfolge, in der die Autorin die Regionen schildert. Manchmal widersprechen sich die allgemeinen Hinweise zum Thema mit den regionalen Tipps – ein Hinweis auf verschiedene Informationsquellen, deren Unterschiede anscheinend weder von Autorin noch vom Lektorat fachlich geklärt werden konnten. Ein Beispiel: Auf Seite 332 sind im lettischen Āraiši „Reste einer Wasserburg aus dem 9.Jh“ zu finden, auf Seite 346 ist es dann plötzlich nur noch eine „Rekonstruktion“. Wegen der Fülle der Tipps aber noch einmal die Höchstwertung. O O O
21. Fotos
Zwar viele Fotos, aber schlecht gedruckt. Selbst die bekannten, auch von den baltischen Fremdenverkehrszentralen häufig verwendete Fotos werden hier ins Schwarz-Weisse überführt und damit abgewertet. Nur wenige schöne Schwarz-Weiss-Fotos, Farbfototeile beliebig im Buch verteilt und durchweg alle drei Staaten vermischt dargestellt. Gute Fotos wurden in diesem Buch wohl lediglich als „Kostenfresser“ eingeschätzt, die eingegangenen Kompromisse wirken nicht immer angebracht. Nur wen Fotos gar nicht interessieren, dem kann das egal sein ... O ???
22. Begrifflichkeiten, Fragezeichen, Fehlinfos
Die von Mahrenbach oft verwendet Bezeichnung „Elektrischka“ (als allgemeingültige Bezeichnung für Vorortzüge) weist darauf hin, dass die Autorin wohl eher vom Russischen herkommt (oder frühere Erfahrungen?). Im Baltikum nur im Russischen üblicher Begriff, hier einfach übernommen. (Seite 32) Auch mit einigen anderen landessprachlichen Begriffen hat die Autorin Schwierigkeiten (siehe Abschnitt "Sprache") ?

Der Fahrradführer „Velo Via Baltica“ ist leider nicht mehr erhältlich. Die an dieser Stelle im Buch als Bestelladresse aufgeführte Fremdenverkehrszentrale Münster ist schon seit einigen Jahren in Berlin zu finden. (Seite 35 - an anderer Stelle im Buch aber richtig angegeben) ?

23. Gesamteinschätzung
39 Pluspunkte, 19 Fragezeichen, insgesamt 60 Punkte
24. Zusammenfassung
Wenn sich nur die hartnäckigen sachlichen Fehler in einigen Bereichen nicht halten würden, dann wäre es ein uneingeschränkt empfehlenswertes Buch, dass seine Stärken vor allem in den touristischen Tipps hat – und da sollten sie ja auch bei einem Reisebuch sein.

zurück

zurück zur INFOBALT-Hauptseite